Regionale Dialogkonferenz Süd im Haus Afrika in Völklingen

von: Haus Afrika e. V.

Am 9. Mai 2025 fand im Haus Afrika in Völklingen die zweite Regionale Dialogkonferenz mit dem Titel „Lokale Geflüchtetenarbeit: auch in Zukunft gemeinsame Daueraufgabe“statt.

Vertreter:innen aus Migrant:innenorganisationen, und Kommune diksutierten zusammen über Perspektiven für eine nachhaltige, solidarische und inklusive Geflüchtetenarbeit – mit besonderem Fokus auf sozial besonders verletzliche Gruppen.

Einstieg war ein gemeinsamer Rundgang durch die Ausstellung „The True Size Of Africa“ in der Völklinger Hütte mit einer Begrüßung des Generaldirektors Dr. Beil: Ein gelungener Auftakt für die Regionale Dialogkonferenz von Haus Afrika Völklingen.

Generaldirektor Dr. Beil begrüßte die Gäste persönlich vor dem spektakulären UNESCO-Weltkulturerbe Völklinger Hütte.

Die Ausstellung „The True Size of Africa“ im Weltkulturerbe Völklinger Hütte bietet weit mehr als beeindruckende Exponate – sie ist ein Perspektivwechsel. Inmitten der rauen Industriekulisse eröffnet sie einen kraftvollen Raum für afrikanische Stimmen, Geschichte und Zukunft.

Gleich zu Beginn macht eine riesige, maßstabsgetreue Afrikakarte deutlich, wie stark unser Bild von Afrika durch verzerrte Darstellungen geprägt ist. Afrika ist größer, vielfältiger und dynamischer als die meisten es wahrnehmen – und genau hier setzt die Ausstellung an: mit dem Anspruch, Klischees zu dekonstruieren und Raum für echte Teilhabe zu schaffen. Dazu nimmt die Ausstellung auch die Kolonialgeschichte Deutschlands in den Blick und verdeutlicht dessen historischen Bezüge zum Rassismus.

Die Ausstellung „The True Size of Africa“ im Weltkulturerbe Völklinger Hütte eröffnet einen kraftvollen Raum für afrikanische Stimmen, Geschichte und Zukunft.

Besondere Highlights:

  • Interaktive Weltkarte, die koloniale und moderne Kartendarstellungen kontrastiert
  • Klang- und Kunstinstallationen von Künstler:innen wie Mary Sibande, Emeka Ogboh und Ibrahim Mahama, die Themen wie Kolonialismus, Selbstermächtigung und globale Ausbeutung eindrucksvoll behandeln
  • Die eindrucksvolle Installation „Phone Graveyard“, die die Verbindung zwischen deutschem Konsumverhalten und Umweltzerstörung in Afrika sichtbar macht
  • Stimmen der Diaspora im Saarland, die aktuelle Perspektiven auf Migration, Identität und Teilhabe eröffnen

Der Leitsatz am Ende der Ausstellung – „Africa is not rising – Africa has already risen“ – fasst zusammen, was als Botschaft mit in die Regionale Dialogkonferenz von Haus Afrika genommen wurde: Afrika ist kein Objekt westlicher Entwicklungspolitik, sondern ein aktiver, gleichwertiger Partner.

Diese Ausstellung war der ideale Einstieg in die Konferenz, weil sie den Geist der Veranstaltung verkörpert: zuhören, neu denken, gemeinsam gestalten. Sie öffnete den Blick – für Geschichte, Gegenwart und Zukunft eines Kontinents, der endlich mit seiner eigenen Stimme gehört wird.

Bei der Begrüßung der Konferenz sprachen sowohl Lamine Conté von Haus Afrika (ganz links) als auch Oberbürgermeister Stefan Tautz (2.v.l.) und Dr. Ralf Beil, Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte (ganz rechts).

Regionale Dialogkonferenz: Nach einem Grußwort des Oberbürgermeisters Stefan Tautz und in dem einleitenden Gespräch mit Dr. Ralf Beil, Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte, wurde deutlich: Das Museum – einst ein zentraler Arbeitsplatz vieler Menschen mit Migrationsgeschichte – steht exemplarisch für die Frage, ob Orte der Industriegeschichte auch Räume des heutigen Zusammenlebens und Erinnerns sein können.

Erster Hauptteil: „Sozial besonders verletzliche Geflüchtete unterstützen: Wer, was und wie?“

In diesem Konferenzblock wurden zentrale Erfahrungen aus der lokalen Praxis vorgestellt und diskutiert. Ein besonderer Fokus lag auf Kindern mit erheblichen Beeinträchtigungen aus geflüchteten Familien, ausgehend von einem eindrucksvollen Fallbeispiel aus Saarbrücken. Im von Dr. Jenny Warnecke moderierten Gespräch berichteten Koordinator Boneah Camara sowie eine betroffene Mutter von strukturellen Hürden, aber auch von erfolgreichen Unterstützungsansätzen.

In einer anschließenden Runde ergänzten GLEICH teilhaben Koordinatorinnen aus der Region Süd Zühre Özdemir-Hohn von MOiN e.V. Nürnberg, Laila Serghini von Morgen e.V. aus München und Eva Laufer von BiM e.V. in Reutlingen ihre Perspektiven und Herausforderungen. Dabei benannten sie offen Themen wie unzureichende Netzwerke, fehlende Anerkennung migrantischer Selbstorganisationen und die Schwierigkeit, kommunale Aufmerksamkeit dauerhaft zu sichern.

Laila Serghini von Morgen e.V. (links) sprach in der Podiumsdiskussion von ihren Erfahrungen als Koordinatorin in München. Mit im Bild außerdem Moderatorin Jenny Warnecke aus dem Projektleitungsteam (Mitte) und Eva Laufer von BiM e.V. in Reutlingen (rechts).

Ein besonders bewegender Moment war der Beitrag von Fatima Batory (Hazara, Afghanistan) aus Nürnberg. In ihrem Bericht, den sie stellvertretend für viele afghanische Frauen vortrug, wurde deutlich, wie sehr körperliche Sicherheit in Deutschland oft mit seelischer Unsicherheit einhergeht:

„Wir haben Brot – aber keine innere Sicherheit“
Fatima Batory, MOiN e.V., Nürnberg

Fatima Batory (2. v.l.), ist als eine von 3 Aktiven von MOiN e.V. aus Nürnberg gemeinsam mit Koordinatorin Zühre Özdemir-Hohn (3.v.l) zur Regionalkonferenz nach Völklingen gereist.

„Wir afghanischen Frauen sind keine stummen Opfer – wir sind ungehört.
Wir sind gekommen, um zu kämpfen – nicht gegen, sondern für ein besseres Leben.“

In ihrer eindringlichen Rede sprach Fatima Batory über das Leben in Erstaufnahmeeinrichtungen, über Sprachlosigkeit, seelischen Druck, Angst vor Behörden und das Gefühl, auf die Rolle von Asylantragstellerinnen reduziert zu werden. Sie forderte:

  • Psychologische Betreuung in der Muttersprache
  • Förderung junger, qualifizierter Geflüchteter
  • Praxisnahe Sprachkurse
  • Transparente Aufklärung über Rechte und Institutionen
  • Programme für Frauen und Mütter in den Unterkünften

Ihr Appell an Politik, Fachpraxis und Zivilgesellschaft: Brücken bauen statt Mauern errichten.

Zweiter Hauptteil: „Dauerhaft Aufmerksamkeit sichern“

Der zweite Konferenzteil nahm die Frage in den Blick, wie sozial besonders verletzliche Gruppen dauerhaft in der lokalen Geflüchtetenarbeit berücksichtigt werden können.

Dr. Andrés Otalváro und Dr. Wilfried Kruse (Leitungsteam GLEICH teilhaben) zogen ein Zwischenfazit und verwiesen auf Erkenntnisse aus dem Vorgängerprojekt samo.fa, das bereits Strategien zur langfristigen Stabilisierung der lokalen Arbeit entwickelt hatte. Sie betonten die Notwendigkeit, Migrant:innenorganisationen strukturell zu stärken und institutionell anzuerkennen.

Dr. Wilfried Kruse (links) und Dr. Andrés Otalváro (rechts) vom Leitungsteam GLEICH teilhaben zogen ein Zwischenfazit. Hierbei beriefen sie sich auf das Buch „Nahe bei den Menschen – Sechs Jahre lokale Geflüchtetenarbeit“, welches kürzlich im transcript-Verlag erschienen ist.

Im abschließenden Gespräch mit dem Migrationswissenschaftler Dr. Wilfried Kruse und Teil des Leitungsteams des Projekts, wurden drei zentrale Punkte herausgestellt:

  1. Geflüchtetenarbeit bleibt eine kommunale Daueraufgabe – trotz aller politischen Kontroversen.
  2. Demokratische Migrant:innenorganisationen sind für diese Arbeit unersetzlich.
  3. Der Umgang mit besonders verletzlichen Gruppen ist ein Gradmesser für den Zustand der Einwanderungsgesellschaft.

Ausblick

Lamine Conté (Haus Afrika, BV NeMO) und Dr. Wilfried Kruse schlossen die Konferenz mit einem Ausblick:
Die Herausforderungen bleiben groß – aber das Engagement ist größer.
Die Regionale Dialogkonferenz in Völklingen war ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass Beteiligung, Vernetzung und klare Worte notwendig und möglich sind – für ein solidarisches Zusammenleben in der Migrationsgesellschaft.

Lamine Conté vom Haus Afrika und Bundesvorstand des BV NeMO schloss mit einem klaren Appell:

„Nur wenn die Stimme der Geflüchteten nicht am Rand bleibt, sondern ins Zentrum der Arbeit rückt, können wir wirklich gleich teilhaben.“

Projektkoordination: Boneah Camara und Lamine Conté
Veranstalter: Haus Afrika e.V. im Projekt GLEICH teilhaben des BV NeMO
Ort: Haus Afrika, Rathausstraße 37, 66333 Völklingen
Datum: Freitag, 9. Mai 2025 13.30-20 Uhr

Haus Afrika e.V.

Als gemeinnützige Organisation versteht sich Haus Afrika e.V. als Brücke zwischen Menschen verschiedener Nationen, zwischen allen, die sich für den Kontinent Afrika, seine Menschen und seine Kulturen interessieren. Haus Afrika e.V. ist inzwischen ein fester Bestandteil als Akteur in der kulturellen und integrativen Arbeit. Der Verein bietet: Kinder und Jugendhilfe; Hilfe für Flüchtlinge, Nachhaltige und vielfältige Projekte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Lobbyarbeit zu Gunsten der Integration, Beratung im Ausländerrecht, Fairer-Handel-Kampagne und entwicklungspolitische Bildung, Ausländerprojekte.

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