Die Bundesdialogkonferenz GLEICH teilhaben 2024 fand am Freitag, den 22. November, im Berlin Global Village statt. Der Fokus der Konferenz lag auf den Themen Vulnerabilität, Flucht und dem Beitrag von migrantischen Organisationen in der lokalen Geflüchtetenarbeit. Diese Veranstaltung war die zweite und letzte ihrer Art im Rahmen des Projekts GLEICH teilhaben, das die Ergebnisse und Erfahrungen aus den lokalen Dialogkonferenzen präsentierte, die im Laufe des Jahres 2024 an zwölf Standorten durchgeführt wurden. Die Konferenz richtete sich an eine fachlich-politische Öffentlichkeit und umfasste unterschiedliche kommunale, politische sowie (migrantische) zivilgesellschaftliche Akteur*innen.
Eröffnung und Einführung
Die Konferenz begann mit einer Begrüßung durch Dr. Elizabeth Beloe, die Vorsitzende des BV NeMO. Es folgte ein eindrucksvoller Videoschnitt mit lokalen Beiträgen, der die Vielfalt der Erfahrungen und Herausforderungen in der Geflüchtetenarbeit mit vulnerablen Gruppen verdeutlichte. Dr. Andrés Otálvaro, Mitglied des Leitungsteams von GLEICH teilhaben, leitete die Einführung und stellte die zentralen Fragestellungen des Projekts vor:
- Wie können Migrant*innenorganisationen (MO) zur Adressierung der Vulnerabilität und der konkreten Bedarfen von geflüchteten Menschen beitragen?
- Welche niedrigschwelligen Maßnahmen haben sich als erfolgreich erwiesen?
- Welche Anreize sind notwendig, um die gesellschaftliche Teilhabe der Zielgruppen zu sichern?
Diskussionsrunden und Handlungsempfehlungen
Die Konferenz beinhaltete mehrere Diskussionsrunden, in denen lokale Handlungsempfehlungen aus den Erfahrungen der Geflüchtetenarbeit vor Ort fortlaufend einbezogen wurden. Alle Handlungsempfehlungen wurden auf Postern an die Wände des Veranstaltungsorts aufgehängt und sind unten in diesem Bericht zu sehen. Die Teilnehmenden diskutierten über Herausforderungen und Strategien beim Empowerment vulnerabler Geflüchteter sowie über die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit mit externen Partner*innen in den lokal-kommunalen Unterstützungssystemen.
Impulsreferate
Ein besonderer Teil der Konferenz war der Impuls von Dr. habil. Mareike Gebhardt von der Universität Münster zum Thema „Rassifizierung und Vergeschlechtlichung im europäischen Grenzregime“. Die Referentin präsentierte drei Thesen in folgender Reihenfolge:
These 1: Wir sind alle vulnerabel, ohne gleichermaßen vulnerabel gemacht zu werden.
These 2: Vulnerabilität kann depolitisierend wirken.
These 3: Vulnerabilität kann politisierend wirken.
Diese kritische Perspektive auf Vulnerabilität regte zu intensiven Diskussionen an.
Abschlussrunde
In der Abschlussrunde präsentierte Martina Möller aus dem Leitungsteam des Projekts die Grundlagen eines Modells für die lokale und dauerhafte Geflüchtetenarbeit aus der Perspektive der Migrant*innenorganisationen (MO). Dieses Modell beruht auf der Tradition und den Erfahrungen des vorhergehenden Projekts in der Geflüchtetenarbeit (samo.fa: Stärkung von Aktiven aus MO in der Flüchtlingsarbeit zwischen 2016 und 2022), das die Grundlagen für die Weiterentwicklung von GLEICH teilhaben gelegt hat. Das Modell verdeutlicht, dass MO ihre Arbeit nur in enger und intensiver Zusammenarbeit mit mehreren kommunalen und zivilgesellschaftlichen Kooperationspartner*innen durchführen können. Ein breites Unterstützungssystem setzt also eine erfolgreiche Strategie der Geflüchtetenarbeit vor Ort mit dem unverzichtbaren Beitrag von MO voraus.
In dieser Abschlussrunde kamen Experten zusammen, darunter Mirko Pink (Bürgermeister Hoyerswerda), Dr. Sascha Krannich (Justus-Liebig-Universität Gießen), Chimdi Okafor (Verbund Morgen e.V., München), Emiliano Chaimite (Verbund Weltclub e.V., Dresden) und Dr. Wilfried Kruse (Leitungsteam GLEICH teilhaben). Die Beteiligten diskutierten je nach ihrer eigenen Expertise und Erfahrung über konkrete Maßnahmen und Kooperationen, die aus dem Modell der Geflüchtetenarbeit abgeleitet werden können. Die Diskussion drehte sich um bedarfsorientierte Unterstützung im langen Prozess des Ankommens, nachhaltiges Empowerment von geflüchteten Menschen sowie die Anpassung des Modells an spezifische lokale Bedarfe.
Trotz aller Schwierigkeiten und Restriktionen in der aktuellen Migrationspolitik und Geflüchtetenarbeit betonte Wilfried Kruse zu Recht, dass sowohl die Kommunen als auch die migrantischen Organisationen in den letzten neun Jahren seit dem langen Sommer der Migration wesentliche Veränderungen durchlaufen haben. Auch die Gesellschaft als Migrationsgesellschaft hat sich verändert. Die Potenziale der Zusammenarbeit sind dabei nicht zu übersehen; MO können nur als strategische und politische Ansprechpartner für den Aufbau einer Migrationsgesellschaft betrachtet werden.
Fazit
Die Bundesdialogkonferenz endete mit einem Ausklang und einer Kaffeepause, die den Teilnehmenden Gelegenheit bot, sich weiter auszutauschen und Netzwerke zu knüpfen. Die Veranstaltung unterstrich die zentrale Rolle von migrantischen Organisationen in der Geflüchtetenarbeit sowie die Notwendigkeit einer nachhaltigen Migrationspolitik, die vulnerablen Gruppen auch über 2024 hinaus Aufmerksamkeit und Unterstützung garantiert. Insgesamt bot die Konferenz eine wertvolle Plattform für den Austausch von Ideen und Erfahrungen sowie für die Entwicklung von Strategien zur Verbesserung der Teilhabe geflüchteter Menschen in Deutschland.
Im Folgenden sind die Empfehlungen der verschiedenen Standorte aufgeführt, die als Poster bei der Konferenz aufgehängt wurden: